Wir hatten Gelegenheit, mit Martin Romer, einem Naturbegeisterten und aktiven Naturschützer aus Knonau einen Rundgang auf die Baarburg zu unternehmen.

Martin hat den Ort schon über 800 Mal begangen und kennt diesen Hügel buchstäblich wie seinen Hosensack. Er bietet geführte Waldgänge an, auf denen er die Teilnehmenden auf viele unterschiedliche Aspekte des Biotops «Wald» hinweist. Dabei geht er auch auf die Interessen seiner Kunden ein.

 

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 Text und Bild Köbi Moser
Artikel aus der Zeitschrift «Brachvogel» Aug. 2020
Natur- und Vogelschutzverein Bezirk Affoltern

 

Am Donnerstag, 18. Juni nahm uns Martin Romer an diesem schönen Sommermorgen auf einen Rundgang auf die Baarburg mit. Unterwegs erfuhren wir so manches Persönliches von Martin, beispielsweise, dass er – er wohnt im Hinteruttenberg – das Gebiet rund um den Aegelsee in der Lockdown-Zeit betreute und die teilweise unbedarften Besucher (oder sollen wir besser sagen Benutzer?) zur Rücksichtnahme auf Landschaft und Natur hingewiesen hat. Nach diversen Tätigkeiten im Verkauf arbeitet Martin nun selbständig als Waldführer und -coach, mit Einzelpersonen oder Gruppen. Wir beginnen den Rundgang beim Güselrank zwischen Baar und Neuheim und steigen Richtung Baarburg ein paar Meter und Martin erzählt, was es mit dem Namen Güselrank auf sich hat. Vor uns erstreckt sich eine ehemalige Abfalldeponie, die zwar begrünt ist, aber immer überwacht werden muss. Bald erreichen wir die Überwachungszentrale mit dem Abfackelkamin. Dort wurde viel Lebensraum für die Natur geschaffen. Teiche wechseln sich ab mit Kiesflächen und Steinhaufen. Alles ist überwachsen von verschiedenen Pflanzen.

Dann tauchen wir in den Wald ein, der den Molassefelsen der Baarburg überzieht. Das war nicht immer so, denn bis ins letzte Jahrhundert wurde die Hochfläche von Bauern aus Neuheim als Weide genutzt. Am steilen Abhang im Schatten sind viele stattliche Eiben auszumachen. Hier dominieren aber die Laubbäume, obwohl, wie unser Führer weiss, die Eschenwelke manchen Baum so schädigte, dass er gefällt werden musste. Martin bückt sich immer wieder auf die nasse Waldstrasse, um eine Weinbergschnecke an den Strassenrand zu tragen. Das sei so ein Reflex, Tiere aus der Gefahrenzone zu bringen, meint er. Gerade kürzlich habe er am Tag im Wald einen Igel gefunden, den er dann Fachleuten zuführte, die ihn beraten konnten. Schliesslich brachte er das Tier wieder dorthin, wo er es aufgelesen hatte. Inzwischen steigen wir immer höher der Flanke der Baarburg entlang. Im Teich macht das Schilf Probleme, weil es sich stark ausbreitet, obwohl es alljährlich geschnitten wird. Kein Problem haben die Rückenschwimmer und Kaulquappen, die sich im Wasser tummeln und davonwuseln, sobald wir nähertreten. Libellen surren hin und her und andere Insekten tragen mit den Blumen, die sie besuchen, das Ihre zum schönen und friedlichen Sommerbild bei.

Wir entdecken einen wunderbar grossen Türkenbund. Nebenbei erzählt uns Martin, dass die Waldbesitzer zuweilen die Wegränder radikal zurückstutzen, wohl mehr, als nötig wäre, um das Überwachsen der Strassen und Wege zu verhindern. Er berichtet auch, dass er gerne das Gespräch suche und versuche, die Leute aufzuklären, ihnen bewusst zu machen, was da falsch laufe. Eine mächtige alte Eiche steht am Wegrand bei der Abzweigung Richtung Hochplateau. Sie steht schon viele Jahre da und hätte wohl einiges zu erzählen. Bald haben wir die Hochebene erreicht und Martin weist auf ein Fundament eines Schlagbaumes am Wegrand hin. Dieser wurde in der Zeit verwendet, als noch Vieh auf der Baarburg weidete.
Dann geht es über einen schmalen Pfad zu einem tollen Aussichtspunkt mit Schutz-hütte und Feuerstelle. Wir können praktisch das ganze Lorzetal zwischen Aegeri und Baar überblicken, sehen den Zugerberg, Gnipen und die Rigi.

Sicher wären da noch weitere Gipfel zu sehen, aber die hochnebelartige Bewölkung verstellt die Sicht. In der Schutzhütte werden wir auf eine Strichliste aufmerksam. Der Führer weiss natürlich auch dazu etwas zu erzählen. Da gibt es einen Mann, der schon lange und sehr regelmässige immer den gleichen Weg zur Baarburg unter die Füsse nimmt und jeden Rundgang mit einem Bleistiftstrich auf ebendieser Liste registriert. Es müssen weit über zweitausend sein! Wir gehen weiter zum höchsten Punkt der Baarburg, den wir durch Brombeergestrüpp, auf einem schmalen Pfad erreichen. Nun stehen wir auf 683 m über Meer, rund 200 m höher als Baar. Woher der Name Baar kommt? Das weiss unser Führer genau: Baar ist abgeleitet vom keltischen Barros, welches im Mittelalter zu Barr verkürzt wurde. Der Begriff bedeutet Hügel. Wenn wir schon bei Namen sind: Das Rappenloch scheint von Rapp abgeleitet, was Rabe oder möglicherweise ein

Damit sind wir in der Geschichte angelangt: Die Baarburg scheint schon im Neolithikum besiedelt gewesen zu sein, später tauchten Kelten und Römer auf. Interessanterweise wurden römische Statuetten und Münzen gefunden und man nimmt an, dass eine römische Strasse auf die Baarburg geführt hat.
Einer eingezäunten, wieder aufgeforste-ten Windwurffläche entlang geht es weiter. Plötzlich springt unmittelbar vor uns etwas hoch und zur Seite. Sogleich hält es sich wieder still und ist fast nicht zu erkennen: Es ist ein Rehkitz, das wir fast übersehen hätten. Wir wandern weiter und kommen an Kraftplätzen vorbei, die mit Zeichensteinen und Mandalas ausgestattet sind. Unter einer riesigen Buche erklärt uns Martin die Symbiose von Pflanzen und Pilzen. Pflanzen nutzen Nährstoffe aus dem Boden, aber ohne Pilze wäre das gar nicht möglich.

Wir gelangen zu einem restaurierten Sodbrunnen. Auch da weiss unser Führer Bescheid: Dieser stammt aus dem 17. Jahrhundert und diente wohl den Weidetieren als Tränke, da auf der Hochebene keine oberirdischen Gewässer vorhanden sind. Wir stapfen weiter Richtung Nordwesten, bis wir unmittelbar an einem steil abfallenden Abhang stehen. Martin berichtet, dass hier früher ein Kletterparadies war und dass die Kletterer zahlreich hier trainierten. Gleich unter der Kante finden wir auch eine der verschiedenen Höhlen, die es auf der Baarburg gibt, die Esoterikerhöhle. Diese wurde von Menschen von Hand aus der Molasse gegraben und ist heute ein Geocatching Ort. Martin nimmt die Box zur Hand und notiert unseren Besuch von heute. Er sagt, dass er hier auch schon übernachtete, aber ziemlich gefroren und sich vom Strassenlärm von Sihlbrugg her gestört gefühlt habe.

Auch in dieser Richtung finden wir einen Aussichtspunkt: Wir überblicken das Oberamt und haben eine wunderschöne Sicht aufs Kloster Kappel. Wir folgen der Hangkante und machen weitere Entdeckungen. Auch Pilze sind Martins Fachgebiet. Er weist auf verschiedene Pilze hin. Diese sind wohl nach dem letzten Regen aus dem Boden geschossen und sehen ganz interessant aus. Leider sind die erblickten Exemplare ungeniessbar. Dann entdecken wir eine knapp flügge Singdrossel und einen Waldkauzkasten, hören Kolkrabe, Mönchsgrasmücke, Amsel, Zaunkönig und Singdrossel rufen und singen. An verschiedenen Totholzstämmen haben Spechte ihre Spuren hinterlassen. Auf dem Rückweg zum Güselrank passieren wir eine steile Blösse mit Sandsteinsimsen, die vor einiger Zeit ab-rutschte, heute aber ein Paradies für Insekten und Blumen darstellt. Der Natternkopf zieht zahlreiche Hummeln an und wir werden von einem kleinen Eisvogel immer wieder umflattert. Aber leider setzt er sich nicht nieder, damit wir ein Foto machen könnten.

Die Stimmung ist friedlich, sommerlich ruhig, die Sonne wirft Schattenbilder auf den Weg und wir wandern gemütlich an den Waldrand, wo wir uns noch einmal dem Teich zuwenden.

Tatsächlich finden wir eine Gelbbauchunke, wie Martin es vorausgesagt hatte. An der Güselgrube vorbei gelangen wir zum Ausgangspunkt zurück, konsultieren die Uhr und stellen mit Erstaunen fest: Rund vier Stunden haben wir im Gebiet verbracht – und die Zeit verging wie im Fluge!
Wir bedanken uns beim Führer Martin Romer für einen spannenden und anregenden Vormittag. mo

Informationen zur Person
Martin Romer, aufgewachsen in Baar, fand schon als Heranwachsender den Zugang zur Natur und verbrachte viel Zeit draussen. Nach der Matur studierte er Biologie, wechselte aber später in den kaufmännischen Bereich und betätigte sich als Verkaufsberater in verschiedenen Sparten. Seit sechs Jahren bietet Martin Romer vollberuflich geführte Waldtouren für Einzelpersonen und Gruppen an, in der Regel im Gebiet Baarburg. Er ist flexibel genug, auch in anderen Gebieten seinen Kunden die Augen für die Natur zu öffnen. Sein Angebot finden Sie ausführlich beschrieben auf www.brainbooster.ch.